Die tierärztliche Betreuung von Pferden bezieht sich bislang auf die medizinische Versorgung des erkrankten oder lahmen Pferdes sowie medizinische Maßnahmen zur Vorbeugung von Erkrankungen. Eine umfassende Begutachtung von Haltung, gegebener Nutzung und Handling von Pferden sowie die sich darauf gründende Beratung und Begleitung des Halters bzw. Nutzers wird nur in Einzelfällen durch einen Tierarzt durchgeführt.
Tierärztliche Haltungskontrollen werden im Rahmen von amtstierärzlichen Besuchen vorgenommen, eine zielgerichtete, spezifische Beratung hinsichtlich Haltungs- und Nutzungsoptimierung kann und darf von Amtstierärzten aber nicht geleistet werden.
Reitunterricht berücksichtigt meist nur die Fähigkeiten von Reiter und Pferd im sportlichen Vorwärts – die Berücksichtigung von medizinischen und anatomischen Aspekten für Gesunderhaltung und Wohlbefinden des Pferdes findet praktisch nicht statt.
Die Änderungen im Arzneimittelrecht haben zur Folge gehabt, dass die überwiegende Anzahl der Pferde heute nicht mehr zur Lebensmittelgewinnung dienen kann. Daraus ergibt sich vor dem Hintergrund des § 17 Tierschutzgesetz - nach dem ein Tier nur bei Vorliegen eines vernünftigen Grundes getötet werden darf - die Notwendigkeit, auch Pferde, die nicht mehr reiterlich oder in anderer Richtung „nutzbar“ sind, ihrer Art und ihren Bedürfnissen entsprechend zu halten und zu versorgen. Denn die „Unbrauchbarkeit“ eines Pferdes stellt keineswegs und keinesfalls ! einen „vernünftigen Grund“ dar, da wirtschaftliche Belange ganz eindeutig vom Gesetzgeber ausgenommen wurden.
So müssen auch diese Pferde gefüttert, gepflegt, betreut, bewegt, tierärztlich kontrolliert und erforderlichenfalls behandelt werden. Der Pflege- und Betreuungsaufwand nicht nutzbarer Pferde überwiegt dabei häufig den - auch finanziellen - Aufwand, der für nutzbare Pferde zu leisten ist.
Auch hieraus ergibt sich die Notwendigkeit und der Vorteil, Pferde durch angepasste, auf das jeweilige Tier, die Haltungs- und Nutzungsart zugeschnittene Optimierung lange „nutzbar“ zu halten.
Eine Ankaufsuntersuchung beim Pferdekauf berücksichtigt die zum Zeitpunkt des Kaufes klinisch manifesten – also tatsächlich erkennbar vorliegenden - Zustände. Mögliche zukünftige Folgen von Fehlstellungen, Rittigkeits- oder Verhaltensabweichungen bzw. erkennbaren Haltungs-, Fütterungs- oder Managementfehlern fallen nicht in den Umfang einer üblichen tierärztlichen Ankaufsuntersuchung. Gerade diese Abweichungen vom Optimum führen aber häufig zu eklatanten Problemen beim Zusammenwachsen von Pferd und Reiter und können darüberhinaus auch erhebliche Einschränkungen der Nutzbarkeit nach sich ziehen.